Dienstag, 5. April 2016

Creativa 2016 - Kostüme, Keramik und mehr

Mäuse auf der Creativa

Erster Prolog


Entweder es passiert ewig und drei Tage gar nichts, oder die Ereignisse überschlagen sich.

Mit diesem Gefühl sitze ich jedenfalls gerade vor meiner Tastatur und wundere mich, wo zum Kuckuck die Zeit so schnell hingeflogen ist.

Die Creativa ist doch gerade erst vorbei, aber zwischendurch war noch Ostern und letztes Wochenende das Leipziger Wolle-Fest. Die dichte Zeitfolge der Veranstaltungen überfordert mich gerade etwas, vor allem, da ich ja noch Berichte über die Creativa liefern möchte und dieses Jahr auch endlich ein Artikel über das Leipziger Wolle-Fest geplant ist.

Nun ja, Bilder sichten sich nicht von alleine und auch das Sortieren, Verschlagworten und Bearbeiten nimmt eine nicht unerhebliche Zeitspanne in Beschlag. Wenn dann noch ein gewisser Anspruch an die eigenen Texte hinzukommt, hänge ich ganz schnell in einer Zeitschleife fest. Was in meinem Fall bedeutet, dass die Zeit einen Zahn oder zwei zulegt und ich hoffnungslos abgehängt im Schneckentempo hinterher kreuche.


Zweiter Prolog

Vorneweg ein paar Bemerkungen. Die Creativa in Dortmund ist riesig. Dieses Jahr waren über 660 Aussteller dort und streng genommen hat jede/r einzelne von ihnen ein Bild, eine Erwähnung oder gar einen eigenen Artikel verdient.

Zwei Tage lang bin ich durch die Hallen gelaufen, habe viel geguckt, gestaunt, bewundert, ganz tolle, intensive Gespräche geführt und eine Menge Fotos geschossen.

Was ich hier schreibe und in Bildern zeige, sind meine ganz persönlichen Eindrücke und Momentaufnahmen, die meine Interessen widerspiegeln.  Manches habe ich sozusagen links liegen lassen und für anderes fehlten mir am Ende nicht nur Lust und Zeit, sondern ein Paar nicht schmerzende ungebrauchte Füße.


Es geht los!

Der Freitag war, im Gegensatz zum sonnigen und warmen Vortag, kalt, klamm und grau. Was mich jedoch nicht weiter störte, denn ich wollte den Tag ja in den Westfalenhallen verbringen und dort bekommt man vom Wetter eh nicht allzu viel mit.

Es ging stramm auf Mittag zu und so kamen mir bereits die ersten Messebesucher  mit mehr oder weniger vollen Tüten und Taschen entgegen. Zu meinem großen Erstaunen war nur in wenigen Gesichtern ein Lächeln zu entdecken, die meisten blickten missmutig und wirkten eher übelgelaunt, als entspannt und zufrieden.

Wenigstens hatte ich gute Laune und die lasse ich mir durch ein paar griesgrämige Mienen nicht verderben.

Es war meine dritte Creativa in Folge und ich hatte mir im Vorfeld eines ganz fest vorgenommen: "Ich habe jede Menge Spaß!" Den hatte ich dann auch!

Die folgenden Bilder vermitteln nur einen ersten Eindruck.

Blumenarrangement mit Wasserfall
Es war Freitag und daher weniger voll, als ich befürchtet hatte.

Besucherstrom in Halle 4
Wolle ist eines der Materialien, die mich magisch anziehen. An weicher Wolle komme ich einfach nicht vorbei.

Messestand mit Stoffen und Wolle
Wolle und Tücher
Besonders gefallen hat mir die Präsentation dieser kleinen liebenswerten modellierten Engel mit den zarten echten Federn.

Federleichte Engel und Herzen

Kostüme, Kostüme, Kostüme


Einen ersten Höhepunkt bildeten die Kostüme im Stil des 18. Jahrhunderts,  die im Rahmen der Sonderschau „Fantasia in Costume“ in Halle 4 in der Nähe der Aktionsfläche zu bewundern waren.

Die Kostüme stammen aus dem Atelier "Costumi", das in Bielefeld beheimatet ist. Mit seiner gleichnamigen Kostümgruppe hat das Team um den Künstler Horst Raak bereits mehrfach den ersten Preis beim „Carnevale di Venezia" im internationalen Wettbewerb „La maschera più bella“ für seine außergewöhnlichen Kreationen erhalten.

Die fantasievollen Gewänder waren teilweise nur schwer zu fotografieren, da sie mit farbigen Scheinwerfern beleuchtet wurden und damit eine farbgetreue Wiedergabe kaum möglich ist. Mein Versuch die Namen bzw. Bezeichnungen für die verschiedenen Kostüme zu recherchieren, hat sich leider als ziemlich schwierig, aufwendig und teilweise unmöglich herausgestellt.

Venus - Kostüm
Das Fabergé Kleid war durch den farbigen Scheinwerfer nur mit starker Goldfärbung abzulichten.

Fabergé Kleid
Das reich verzierte Pfauenkostüm für den Herrn von Welt.


Die Nahaufnahme der Weste zeigt die reiche Verzierung im Detail.


Ein wahres Prachtstück ist der Umhang mit den Pfauenfedern als Kragen und der reichen ornamentalen Stickerei, die man auf der Nahaufnahme noch besser erkennen kann.



Der Helm des Mars war gar nicht so leicht einigermaßen naturgetreu mit der Kamera einzufangen.

Helm des Mars
Hut mit Auerhahn
Die Schaf-Kostüme hatten es mir angetan!

Herr Schafbock
Der Hut des Schafherren zeigt neben Blütenzweigen eine Maus mit Sonnenschirm
Frau Schaf
Kopfbedeckung von Frau Schaf
Richtig verliebt habe ich mich in die liebevollen Details dieser Kopfbedeckung! Wie man auf dem vorigen Bild gut sehen kann, stammt der dicke Faden vom Fell des Schafes, wird von der einen Maus heraufgezogen und die andere Maus verspinnt das Fell zu Garn. Absolut bezaubernd! Alleine dafür hätte sich die Reise zur Creativa schon gelohnt.

Spinnende Mäuse haben auf dem Hut der Schafdame Platz genommen
Wer mehr Bilder von diesen und anderen Kostümen sehen möchte, dem empfehle ich, neben der Website noch die Facebook-Seite von Costumi.

Gegensätze


Der Übergang von Kostümen zu Schallplatten, die im Scherenschnittlook daherkommen, ist normalerweise nicht ganz einfach. Hier musste ich nur ein paar Schritte weitergehen und konnte dann diese tickenden Wandschmuckstücke bewundern.

Schallplatten im Scherenschnittlook
Ob ein Porträt von Jimi Hendrix, ein Taucher oder Elvis im Profil, hier scheint alles möglich.


Ein paar Schritte weiter lachte mich dieser Spruchstein mit seinem Mosaik an. Den  habe ich extra für einen ganz besonderen Menschen fotografiert. Mehr schreibe ich dazu nicht, die Adressatin weiß schon, an wen ich beim Knipsen des Fotos gedacht habe.

Spruchstein mit Blattmosaik
Seit vielen Jahren bin ich ein Fan von Tiffanytechnik. Die leicht gebogene Form der Vasen im Zusammenspiel mit runden und geometrischen Formen ergibt einen harmonischen Gesamteindruck.

Mein Lieblingsteil ist hier die blaue Version, nicht nur, weil blau eine meiner Lieblingsfarben ist, sondern weil das gewählte Glas mit den farbigen Wellen der Vase zusätzlichen Reiz verleiht. Der Stand des Stuttgarter Tiffany-Glascenters ist jedes Mal einen Besuch wert.

Moderne Tiffanyvasen
Viele interessante Objekte konnte man am Stand der Korbflechterei von Margret Schiffer bewundern. Beobachtet habe ich dort diese Messebesucherin, die sich an einer Gartenkugel versuchte. Das Foto entstand mit ihrer ausdrücklichen Erlaubnis.

Korbflechereien

Kunsthandwerk zum Staunen


Die nächsten Bilder zeigen sogenannte Gräsersteine aus der Werkstatt von Hanna Küttner. Nur wenn man die vermeintlichen Steine in die Hand nimmt, merkt man durch das fehlende Gewicht, dass das unmöglich echte Steine sein können! Die "Steine" sind nämlich aus Ton und zudem noch hohl. Die verwendete Glasur täuscht nicht nur in der Optik einen Stein vor, sondern ahmt auch die Haptik eines Steins nach.

Gräserstein mit Ranunkeln
Toll an diesen Gräsersteinen ist, neben der Optik, die Tatsache, dass sie kleine Löcher besitzen und hohl sind. Dadurch sind sie wunderbar geeignet, um kleine und kleinste Gräser und Blüten aufzunehmen. Füllt man den Hohlraum mit Wasser, besitzt man eine ungewöhnliche Vase, die der Blickfang jeder ansonsten schlichten Deko wird.

Gräserstein mit Schneeglöckchen und Keramik-Elchen
Töpfern gehörte eine längere Zeit ziemlich intensiv zu meinem Alltag und so hat mich die Frage nach dem Geheimnis der Glasur selbst am Abend noch umgetrieben. Eine Idee hätte ich ja, aber die behalte ich dann doch lieber für mich.

Die intensive Beschäftigung mit den schönen Teilen führte dazu, dass ich mir am nächsten Tag unbedingt einen der Gräsersteine kaufen und mit nach Hause nehmen musste.
Stein mit kleinen blauen Blüten
Wem ich jetzt Lust auf mehr gemacht habe, der sollte sich auf der Seite Gräserstein einmal umsehen.

Schon voriges Jahr haben mich die Arbeiten des Keramikers Karl Dieter Horn fasziniert. Seine Arbeiten sind geprägt von der Liebe zum Detail, sei es einer seiner Brunnen oder die liebevoll inszenierten 3-D-Wandreliefs, die den Betrachter durch die Gestaltung regelrecht in die Szene hineinziehen.

Bepflanzter Keramikbrunnen mit Dorfszene
Auch dieses Jahr stand ich wieder gebannt vor seinen 3-D-Arbeiten und so lud er mich zu einem Gespräch ein. Das wurde dann ziemlich ausführlich, sodass er mir den zweiten Stuhl an seinem Tisch anbot, den ich gerne dankend annahm. Eins führte zum anderen und so erfuhr ich nicht nur, dass er 12 Jahre in Berlin gelebt und gearbeitet hat, sondern ich bekam auch den dicken Ordner mit Bildern seiner zahlreichen Projekte in die Hand gedrückt.

3-D-Schlucht
Wer, wie ich, neugierig auf weitere Bilder seiner Arbeiten ist, sollte unbedingt in der Galerie seiner Homepage Horn-Keramik-Kunst stöbern. Es lohnt sich!

Das folgende Bild habe habe ich auf der Creativa 2015 gemacht und zeigt wie detailreich die Reliefs sind.


Für ein paar Minuten habe ich sogar seinen Stand gehütet, da der Künstler einem dringenden Bedürfnis nachgehen musste, was nicht leicht fällt, wenn man alleine am Stand ist.

Kaffeepause und eine unvergessliche Begegnung


Danach war ich überreif für eine Kaffeepause und ein Blick auf die Uhr zeigte mir dann, dass ich über drei Stunden nur in dieser ersten Halle zugebracht hatte.

Was auf der Creativa wirklich Mangelware war, waren ausreichende Sitzplätze, von schönen Sitzplätzen will ich erst gar nicht anfangen! Das Café mit der besten Aussicht bietet meiner Meinung nach, das in Halle 4, von dem man den einzigen Blick von oben auf das unten stattfindende Gewusel bekommt.

Dort begab ich mich hin, was gar nicht so einfach war, denn die nach oben führenden Treppen waren dicht besetzt mit müden Besucherinnen. Schlussendlich schaffte ich es doch und bekam meinen heiß ersehnten Latte macchiato.

Schon auf dem Weg zur Theke war mir klar, dass ein ordentlicher Sitzplatz kaum zu ergattern war. Jeder Platz war besetzt und wer einmal saß, stand bestimmt nicht so schnell wieder auf.

Von Natur aus mit einem unverbesserlichen Optimismus ausgerüstet, machte ich mich bewaffnet mit meiner Kaffeetasse auf die Suche nach einer Sitzgelegenheit. An einem Tisch mit einem älteren Paar schien noch ein Platz frei zu sein, die Frau wirkte sympathisch, also nichts wie hin und gefragt.

Tüten und Jacke wurden bereitwillig beiseite geräumt, ich setzte mich und die berührendste Begegnung meiner Reise nahm ihren Anfang.

Die Frau neben mir war größtenteils in Schwarz gekleidet, ihr geschmackvoller, auffälliger Silberschmuck und ihre knallroten Haare waren jedoch nicht das Erste, was mir an ihr aufgefallen war. Es waren ihre Augen! Augen voller Lachen und ein Strahlen, dass tief aus ihrem Inneren zu kommen schien.

Es war Sympathie auf den ersten Blick. Auf beiden Seiten.

Im dann folgenden Gespräch erfuhr ich einiges über den Menschen neben mir.

Diese Frau strotzte geradezu vor Positivität, es kroch aus allen ihren Poren, saß in ihren Augen und lachte um ihren Mund. Dabei schien das, was sie mir erzählte, nicht unbedingt dazu zu passen. Sie hatte Krebs, dünne Stellen in ihren Haaren zeigten noch die Spuren der letzten Chemotherapie. Sie trug die kurze gefärbte Mähne stolz, wie einen Siegespokal.

Ich erfuhr, dass sie eine künstliche Blase hatte und nur noch wenig Darm. Sie durfte kaum etwas essen oder trinken, aber sie ließ sich nicht unterkriegen und rang dem Leben ab, was sie konnte. Alles mit einem Lachen. Sie kaufte auf der Creativa die Zutaten für ihren Schmuck. Nein, nicht nur für ihren, sondern auch für den Schmuck der Krebspatientinnen, für die sie regelmäßig einen Kurs anbietet. "Weil ich möchte, dass sie Spaß an etwas haben und den Krebs für eine Weile vergessen können." sagte sie.

Einer ihrer ersten Sätze war: "Ich liebe Menschen!" und das spürte man bei jedem Wort. Endlich jemand, der, außer mir, diesen Satz sagt! Wir haben uns lange sehr intensiv unterhalten und dabei extrem viel gelacht. Was für eine wahnsinnig interessante und positive Frau. Voller Energie und bis zum Überquellen voll mit Liebe!

Als wir uns trennten, meinte sie: "Vielleicht sollte diese Begegnung heute sein." Meine Antwort war: "Nicht nur vielleicht, sondern ganz bestimmt!"

Ich habe dieses Treffen sehr genossen! Trotz aller Unterschiede hatten wir einiges gemeinsam. Ihr Mann war überwiegend still, bei zwei lebhaften Frauen, war es wahrscheinlich auch nicht einfach, zu Wort zu kommen. Dass er seine Frau bewunderte und liebte, hätte aber selbst ein Blinder sehen können.

Diese Begegnung mit der unbekannten fröhlichen Frau hat meine eigenen Batterien wieder positiv aufgeladen und ich erinnere mich gerne daran. Selbst wenn ich diesen Menschen nie mehr wiedersehe, das Gespräch mit ihr, werde ich nie vergessen.

Solche Momente im Leben sind selten und kostbar, und ich bin dankbar, dass ich ihn erleben durfte.

Letzte Blitzlichter


Blitzlichter deshalb, weil ich die letzte Stunde wirklich nur noch durch die Hallen gegangen bin, ohne viel wahrzunehmen. Mein Speicher war voll und so konnte nur noch Weniges meine Aufmerksamkeit für mehr als zwei Minuten erregen.

Witzig fand ich die maßstabsgetreue Ausführung dieses Webstuhls en miniature. Als Tischwebstühle wurden diese Miniaturausgaben in den 50er Jahren nach Amerika exportiert. Für den dortigen Markt wurden damals, so wurde mir am Stand des Weberei-Museums Kircher erzählt, etwa 1000 Stück der kleinen Webrahmen hergestellt.

Die Dame am Stand war sehr freundlich und hat, damit ich ein besseres Foto machen konnte, sogar das Schildchen mit der Aufschrift "Bitte nicht berühren" von dem Tischwebstuhl entfernt. Überhaupt war man dort sehr kooperativ und gerne bereit meine Neugier zu befriedigen.

Miniatur-Webstuhl
Die schwebenden Garnkugeln habe ich nur fotografiert, weil ich die Präsentation gelungen fand. Der schwarze Samt im Hintergrund und die Beleuchtung mit Schwarzlicht bringt die gehäkelten Objekte gut zur Geltung.

Schwebende Häkelkugeln
Der umstrickte Telefonhörer gehörte, wie die Garnkugeln, zu einer Ausstellung künstlerischer Arbeiten von Studierenden des Fachs Textil der Universität Paderborn.

Riesiger, mit roter Wolle umstrickter Telefonhörer
Zu den Bildern der wirklich tollen Filzarbeiten fehlen mir leider nähere Informationen, da ich zu der Zeit nur noch eines wollte, nämlich den Ausgang finden.

Das Vogelkostüm war größtenteils gefilzt
Der Kopf des Vogels war nur durch die Schräghaltung der Kamera in seiner ganzen Pracht und Schönheit auf die Platte zu bannen.

Kopfansicht des Phantasievogels
Sehr naturgetreu in Filz umgesetzt wurde diese Seerose auf ihrem Blatt.

Gefilzte Seerose auf ihrm Blatt
Den ersten Tag beendet, zumindest fotografisch gesehen, dieses stimmungsvolle Bild mit Bananenblatt und Kerzensand.

Kerzensand im Bananenblatt und drumherum
Nach dem Besuch der Creativa habe ich mir nur noch irgendwo ein paar hart gekochte Eier, Quark und Bananen besorgt. Das bildete mein Abendessen, für mehr war ich zu müde. Nachdem mein Hunger gestillt war, bin dann auch prompt beim Fernsehen sanft eingeschlummert.

Es hat hoffentlich nicht gelangweilt, weil es diesmal sehr lang geworden ist, sondern es wurde ein wenig von dem weitergegeben, was ich an diesem Tag geschenkt bekommen habe.


Ariana


© Fotos & Text by Ariana Lazar 05/04/2016

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