Mittwoch, 29. Juni 2016

Der Verlust der Worte

Die Worte


Als ich gestern nach einem schönen Tag nach Hause gekommen bin, wollte ich mich ursprünglich hinsetzen und darüber schreiben, was mir an diesem Tag widerfahren war.

In meinem Kopf schwirrten lauter schöne, Kraft gebende und farbenfrohe Worte herum, die darauf drängten, aufgeschrieben zu werden.

Der Fehler


Anstatt mich hinzusetzen und die Worte gleich in meine Tastatur fließen und dadurch Gestalt annehmen zu lassen, öffnete ich meinen Browser und damit diese andere Welt.

In meinem Fall die Welt von Facebook und schon nach wenigen Augenblicken bereute ich es, denn so ziemlich das Erste, was Facebook mir entgegenrief, war nichts Erfreuliches. Wie so oft in letzter Zeit.

Der Tod von Bud Spencer sprang mich an und fast augenblicklich wisperten die Worte in meinem Kopf nur noch.

Eine traurige Nachricht fürwahr und doch, trotz aller Traurigkeit, eher zweitrangig, denn den Menschen hinter diesem Namen kannte ich nicht persönlich, wenngleich er oft ein gern gesehener Gast in meinem Wohnzimmer war. Aber dieser Gast zeigte sich nur als Abbild in verschiedenen Rollen auf meinem Fernseher und wie viel dieses mit dem Menschen gemein hatte, der die Rollen verkörperte, blieb mir verborgen.

Obwohl ich den Menschen Bud Spencer nicht wirklich kannte, mochte ich ihn. Seine Augen blickten immer freundlich und ich mochte die Lachfalten um sie herum. In seinen Filmen gab es nie Tote, alle standen wieder auf und das Gute gewann jedes Mal ganz selbstverständlich.

Die Trauer


So unverhofft mit dem Tod des sympathischen Mannes konfrontiert, stellte sich bei mir, wie wohl bei vielen anderen Menschen, eine leise Trauer und ein wehmütiges Bedauern ein.

Schon wieder ein Guter, der gegangen ist. Es waren schon einige in diesem Jahr.

Obwohl ich es besser wissen sollte, ließ ich es zu, dass diese Meldung mich stark beschäftigte, und befasste mich intensiver damit. Das geschieht bei Facebook fast schon zwangsläufig, denn meine Timeline war schnell voller Statusbeiträge, die das Ableben des Künstlers zum Inhalt hatten.

Der Verlust


Zu lange und zu intensiv, wie ich nach einiger Zeit feststellen musste, denn als ich mich innerlich wieder meiner eigentlichen selbst gestellten Aufgabe zuwenden wollte, stellte ich verdattert fest, dass ich weit weg von dem war, was ich schreiben wollte. Sowohl inhaltlich als auch emotional.

An etwas Schönem festzuhalten, wenn man sich auf deprimierende, traurige oder schlicht schlimme Nachrichten konzentriert, ist extrem schwierig, fast unmöglich. Das Schöne tritt in den Hintergrund, verschwimmt, löst sich in Nebel auf und ist nicht mehr fassbar. Nicht, dass es ganz verschwunden wäre, es wird aber diffus, verweigert sich der Sprache und flutscht Dir zwischen den Fingern davon, als wäre es Wasser.

Nicht umsonst gucke ich schon lange Jahre keine Nachrichten im Fernsehen mehr. Es deprimiert mich zu sehr, verdeutlicht mir die eigene Hilflosigkeit angesichts der furchtbaren Dinge, die Menschen anderen Menschen antun und nimmt mir die Luft zum Atmen. Und es raubt mir die Kraft, die ich benötige, um wenigstens ein Stück weit meinen Alltag zu bewältigen.

Und so trauere ich wieder. Diesmal ist die Trauer größer und der Verlust für mich selbst bedeutungsvoller. Sprache ist für mich mehr, als die Möglichkeit der Kommunikation. Worte transportieren Stimmungen, Farben, Gefühle und Worte zu verlieren, in ihrem Zusammenhang, ihrer Bedeutung, ihrer Kraft und Unmittelbarkeit, schmerzt mich.

So vieles befindet sich bei mir gerade im Wandel, so vieles ändert sich, da möchte ich so gerne festhalten, was mich stärkt.

Die Hoffnung


Am Ende bleibt mir nur die Hoffnung. Die Hoffnung, dass die Worte wieder aus den Nebelschwaden der Insel des Vergessens zu mir zurückfinden, wenn ich mir Zeit nehme und mich in Geduld übe.

Morgen habe ich einen wichtigen Arzttermin, danach bleibt mir Zeit mich irgendwohin zu setzen, meinen Schreibblock vor mich hinzulegen und den Kugelschreiber in die Hand zu nehmen. Wer weiß schon, was alles geschieht, wenn man einfach nur wartet!

Die Hoffnung sollte man nie verlieren und vielleicht sollte ich selber den Satz mehr beherzigen, den ich heute als bildliche Untermalung des Artikels genommen habe:


"Nichts ist schwieriger festzuhalten, als ein flüchtiger Gedanke!" 
(Leider weigert sich blogger gerade total, das Bild hochzuladen! Was mich darin bestärkt, so schnell wie möglich mit dem Blog umzuziehen.)


Lieben Gruß

Ariana



© Foto & Text by Ariana Lazar 29/06/2016

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